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Auf dem größten Stausee Europas oder am Ende der Welt?

Familie Rothkegel auf Entdeckungsfahrt auf dem Lago Alqueva in Portugal

Nach unserer ersten Hausbootfahrt auf der Mecklenburgischen Seenplatte waren wir begierig, eine solch entspannte Art von Urlaub umgehend noch einmal zu erleben. Schon ein Dreivierteljahr im Voraus buchten wir bei „Ferien auf dem Wasser“ für den Herbst – Portugal. Klar! Wo sonst kommt man im Herbst schnell hin und hat die Chance auf gutes Wetter? Erst Monate später schauten wir uns Europas größten Stausee in Google-Maps an; da war kein Ort eingetragen! Oh, Mann! Weitere Erkundungen im Netz ergaben glücklicherweise, dass es doch Spuren von Zivilisation gab. Wir beschlossen, nicht weiter zu forschen, sondern uns überraschen zu lassen.

Mit vier Tagen Lissabon startete unser Urlaub. Die Stadt hatte im Nu fünf neue Fans: Ansgar (48), Petra (45), Paula (12), Mathis (10) und Linus (8) waren – zum Teil aus verschiedenen Gründen – von Portugals Metropole begeistert.

Die Marina Amieira hat einen Vertrag mit dem Autovermieter Guerin, sodass wir für den Transfer vom Flughafen Lissabon zum Stausee Alqueva und zurück je für einen Tag einen Mietwagen buchen konnten. Der Taxitransfer wäre deutlich teurer gekommen. Eine gute Sache!

Unsere Anreise fand bei Nieselregen statt. In der kleinen Marina dümpelten gut 30 Boote, etwa die Hälfte davon waren Mietboote von Nicols. Wir waren früh dran, durften aber unser Gepäck in ein Nachbarboot stellen, während unsere schwimmende Unterkunft noch gesäubert wurde.

Nun hatten wir den Kofferraum frei für unsere Einkäufe. Diese erledigten wir im 18 km entfernten Reguengos in einem Supermarkt (Megamarkt? Hypermarkt?), der mit seiner Größe und Modernität so gar nicht in die Gegend passen wollte. Aber: Wir bekamen alles, was wir brauchten.

Ach, ja! Die Gegend: So richtig schön ist bei Regen ja nur weniges. Die Landschaft an der Spanischen Grenze (etwa auf dem Breitengrad von Lissabon) wirkte auf mich eintönig: Korkeichen und Olivenbäume standen im von der Sommerhitze verdorrten Gras.

Zurück am Hafen konnten wir unser Boot beziehen. Alles war blitzblank sauber. Wir bekamen eine Einweisung an Bord und erklärten sofort, dass wir erst am nächsten Morgen losfahren wollten. Obwohl es ein Restaurant und ein Bistro am Hafen gibt, kochten wir unser Abendessen an Bord – unsere Kinder lieben das und uns macht das Kochen und der Abwasch in den Ferien nichts aus. In den Frühlings- und Sommermonaten bietet die Marina zusätzlich ein großes Wassersport- und -spaßangebot für jedes Alter.

Am folgenden Morgen fuhren wir nach der praktischen Einweisung los. Die Landschaft wurde nicht wirklich abwechslungsreicher, das Wetter ließ auch zu wünschen übrig. Aber mein Mann und die Kinder waren voll im Entspannungsmodus – also hielt ich meine Enttäuschung zurück.

Den ersten von uns angesteuerten Ort – Estrella – wollte ich mir dringend ansehen; ich brauchte Abwechslung. Der Prospekt, den wir in der Marina bekommen hatten, versprach „gastfreundliche Menschen“ und ein „Centro Cultural“ – genau danach stand mir der von Lissabon noch recht aufgekratzte Sinn. Nachdem wir zwei kläffende Hunde und eine Reihe weißgetünchter Häuser passiert hatten, wurde mir klar, dass das „Centro Cultural“ aus der Dorfkirche bestand, die zwar ein unglaublich riesiges Storchennest auf dem Turm balancierte aber leider geschlossen und somit nicht zu besichtigen war. Die gastfreundlichen Einheimschen wollten bei Regenwetter auch lieber nicht vor die Tür. Also; zurück zum Boot wo ich mich damit arrangierte, mit dem Rest meiner gut gelaunten Familie „Die Siedler von Catan“ zu spielen.

Am nächsten Morgen waren alle gut ausgeschlafen. Unser Zuhause liegt in der Eifel, aber die Ruhe, die hier nachts herrschte, beeindruckte selbst meinen Mann und mich. Schon vor uns waren ein paar Fischer wach, deren Kollegen uns von nun an an jedem Anleger morgens und abends zum Zuschauen animierten. So wurde auch ich unternehmungsfauler. Und meine Lust und Laune auf diesen See steigerte sich. Eigentlich waren die meisten Dörfer so wie Estrella; klein, landwirtschaftlich geprägt, unspektakulär – trotz ihres „Centro Cultural“, welches im Hochglanzprospekt besonders hervorgehoben wurde, sich aber meistens als Dorfkirche entpuppte. Aber es gibt Ausnahmen:

Luz ist ein „verlegtes“ Dorf. Als der Stausee beschlossene Sache wurde, machte man den Einwohnern klar, dass sie bald in ein neues Dorf umziehen sollten, denn ihr altes sollte geflutet werden. Im hochmodernen Museum von „Nueva Luz“ sollte man sich die Zeit nehmen, sich den Dokumentarfilm anzusehen. Dieser zeigt – neben vielen anderen von der portugiesischen Regierung vertriebenen – ein altes Ehepaar; beide schlurfen ein letztes Mal durch ihr langjähriges Heim, alles Hab und Gut befindet sich bereits auf dem Umzugslaster, die Frau kehrt ordentlich die leeren Räume aus – bis in die kleinsten Ecken, denn sie möchte alles sauber hinterlassen. Kaum sind die Menschen und Möbel auf dem Weg ins in Sichtweite liegende neue Heim, reißen Bagger unten im Tal Kirche und Gebäude und ganze Lebensgeschichten ab, planieren die Landschaft so peinlich genau, dass kein Hinweis mehr zu finden ist auf die Heimat vieler Menschen. Das neue „Luz“ ist genauso angelegt, wie das alte – sagen die Stadtplaner. Richtig: Jeder hat wieder seinen ehemaligen Nachbarn links und rechts und gegenüber. Aber die Straßen sind breiter, die Plätze dadurch überdimensioniert, das Dorf liegt auf einem fast hügelfreien Hochplateau und jeglicher Charme ist dahin. Doch die Wirkung des Gesehenen lässt bei mir lange Zeit nicht nach – ein unvergleichlich einschneidendes Erlebnis. Darf man so mit Menschen umgehen?

Zwischenzeitlich meint es auch das Wetter gut mit uns, so gut, dass mein Mann und die Kinder begeistert vom Bootsdach in den noch angenehm warmen See springen und einen Riesenspaß haben.

Och, nöö! Mir ist heute eher nach Lesen auf dem Vorderdeck. Ich brauchte etwas Ruhe: Zwei unserer Nächte waren unruhig; der See war durch starken Wind bewegt und irgendetwas an, auf, bei unserem Boot machte ein regelmäßiges aber an meinen Nerven zerrendes Geräusch. Alle außer mir schliefen, bis ich mich entschloss, dem Tatong-Tatong auf den Grund zu gehen. Das weckte auch meinen Mann und wir schlichen im Mondlicht und bei „stürmischer See“ (mir war ganz mulmig!) draußen auf dem Boot herum, um alle Leinen zu kontrollieren und nach der Ursache meiner Schlafstörung Ausschau zu halten. Als mein Mann in der zweiten Nacht den Rettungsring auf den Kajütentisch legte, konnte ich wieder schlafen.

An drei Abenden krabbelten wir nach dem Essen mit Decken aufs Bootsdach und warteten bei Chips und Schokolade auf den Mondaufgang. Es war beeindruckend! Drumherum gab es kaum Lichter, die das Spektakel störten, außen uns machte niemand Geräusche, der Mond schien zum Greifen nah und wurde von Wolkenfetzen dramatisch in Szene gesetzt. Und weit und breit kein Mensch!

Unser Lieblingsdorf war Monsaraz. Umgeben von einer intakten Stadtmauer thront es auf dem höchsten Hügel der Gegend und könnte als Ganzes Eintritt verlangen – das tut es aber nicht. Statt dessen empfängt es seine Besucher mit einem Stadttor auf der einen und einer Burg mit integrierter Stierkampfarena auf der anderen Seite. Dazwischen liegen steingepflasterte Sträßchen, die in ständigem Auf und Ab an hübschen weißen Häusern entlang führen. Manche beherbergen Geschäfte, die Kunsthandwerk anbieten, das wirklich handgearbeitet und äußerst geschmackvoll ist. In vielen befinden sich Pensionen oder Hotels, zahlreiche sind Schauplatz für Cafés oder Restaurants mit spektakulären Ausblicken über die tiefer liegende scheinbar endlose Ebene, in der der Wein wächst, der hier oben in der alten Schule verkauft wird. Innerhalb der Stadtmauer bringen die etwa 40 übrig gebliebenen Bewohner nicht mehr genug Kinder hervor, die das Gehalt eines eigenen Lehrers rechtfertigen würden. Der Schulbus bringt nachmittags ein einziges Kind zurück nach Monsaraz und wir fragen uns, wie man hier NICHT wohnen möchte?

Unser Resümee: Der Lago Grande de Alqueva ist mit seinem blitzsauberen Wasser ein idealer Ort für Wasserratten: Wenig Schiffsverkehr und viele Anlegestellen. Für Selbstversorger empfiehlt sich ein Großeinkauf in Reguengos weil die übrigen Orte zwar Einkaufsmöglichkeiten anbieten, man aber vielleicht nicht weiß, dass sich der Dorfbäcker hinter einem Garagentor befindet, der Supermarkt lediglich von drei Gasflaschen vor der Tür beworben wird und dass eine Siesta länger dauern kann als man selbst warten möchte. Auswärtsesser finden eine große Auswahl an Restaurants mit einheimischer Küche und flexiblem Hol- und Bringservice. Und das zu günstigen Preisen. Wein, Oliven – egal ob als Frucht oder Öl – Käse, süßes Gebäck und Honig sind so köstlich, dass man täglich klagt, mit dem Flugzeug und nicht mit dem Tieflader angereist zu sein. Gerne hätten wir auch eine oder mehrere Weinproben gemacht – aber wir hatten ja unsere Kinder dabei.

Ganz besonders hervorheben möchten wir den Service der Mitarbeiter der Marina de Alqueva. Wir bekamen von dort ein Handy mit auf den Weg, um jederzeit dort anrufen zu können. Das liebe Hafenteam half uns beim Herausfinden der Öffnungszeiten des Museums in Luz, beim Bestellen eines Taxis oder Restauranttransfers samt Tischreservierung (die im Oktober nicht wirklich nötig ist!), bei technischen Fragen zur Handhabe des Bootes, wenn man einen Tag nur am Anleger bleibt und die Batterie um Hilfe ruft (nur in der Marina gibt es Landstrom!), und, und, und.

Zurück in der Marina hatte auch ich den Grande Lago tief in mein Herz geschlossen!

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