Mit einer Linssen Grand Sturdy AC 29.9 im September 2019 unterwegs im Südosten Berlins ( 16.9.-23.9.19 )
Wir, mittlerweile gehobenen Alters, sind seit 2006 ein- bis zweimal im Jahr auf Tour, waren bereits 2015 im Gebiet Storkower Kanal / Scharmützelsee ab Werder/Havel unterwegs. Damals lag es nahe, einen ersten Abend mit Freunden in Lemkes Braugaststätte an der Charlottenburger Schlossbrücke zu verbringen, am Folgetag auf der Spree durch Berlin-Mitte zu schippern und den Rückweg über den Teltowkanal zu wählen. Der Nachteil: Man verliert zwei Tage für An- und Abfahrt zum eigentlichen Törnziel.
2019 starteten wir mit einer Linssen von 5-Sterne-Yachtcharter in Köpenick, um mit dem Hausboot Brandenburg zu erkunden. Um es vorweg zu nehmen: Wir können uns nicht erinnern, dass uns jemals eine dermaßen komplett ausgestattete Yacht übergeben wurde (u.a. mit Haarföhn, Bademantel und je 2 zusätzliche Decken pro Kabine). Ebenso vorbildlich die eine Woche vor Törnbeginn zugestellten Informationen zum Zurechtfinden an der Marina. Aufgrund unserer Erfahrungen: Fahren Sie direkt in die Tiefgarage des Penta Hotels und möglichst bis zum Ende durch, über die wasserseitige Ausgangstür können Sie auf kürzestem Weg Ihre Sachen an Bord bringen (Bollerwagen vorhanden). 5 Sterne sind zurecht wörtlich zu nehmen!! Es fehlte an nichts. Der Vergleich mit der uns bekannten 1m längeren Linssen 60/33 bzw. 34.9 brachte für uns keinen Nachteil: 2 Bäder, 1 Dusche, Diesel- und Wassercontainer in identischer Größe und ein vollkommen ausreichender Küchenbereich, da abends ohnehin nicht gekocht wird. Dafür die geglaubte Chance, problemloser einen „letzten Liegeplatz“ in der Abgeschiedenheit der Teupitzer Gewässer oder im damals übervollen Bad Saarow zu ergattern. Nach einer zügigen Übergabe legten wir vor 16.00 Uhr ab mit dem Tagesziel Zeuthen. Das angesteuerte Seehotel verfügt über einen eigenen Anlegesteg mit Wasser- und Stromversorgung sowie der Möglichkeit im Hotel zu duschen. Der Preis pro Nacht entsprechend. Das Restaurant Fontane, immerhin geöffnet, bot am Montagabend ein Buffet.
Die erste Schleuse des zweiten Tages, Neue Mühle, konnte ohne echte Wartezeit passiert werden. Danach dauert es nicht mehr lange, bis man sich, weniger als eine PKW-Stunde vom Alexanderplatz entfernt, in einer traumhaften, unberührten Landschaft wiederfindet. Mitte September war eine Voranmeldung bei der Schleuse Prieros nicht nötig. Bevor es die Dahme flussaufwärts in die „Weltabgeschiedenheit“ ging, holten wir beim überaus freundlichen Schleusenwärter letzte Informationen ein: Die einzige Flachstelle bis Märkisch Buchholz sei im vergangenen Winter ausgebaggert, die Tafel mit t = 0,80m Tiefenbeschränkung aber aus unerfindlichen Gründen nicht entfernt worden. Zumindest 2019 gilt: „Nicht beachten!!“ Laut wenig beschäftigtem Schleuser wären keine weiteren Einschränkungen gegeben. Ab Schleuse Prieros waren wir fast allein in diesem himmlisch schönen Landstrich. In zwei Tagen begegneten wir einem Paddler, zwei Bungabooten, drei Füchsen und einer Herde Rehe. Insofern wunderten wir uns nicht, dass uns der ebenso freundliche Schleusenwärter der Hermsdorfer Mühle bezüglich der Gastronomie in Märkisch Buchholz alle Hoffnungen nahm. Und wenn man schon ans Ende der Welt fährt, findet sich auch kein Taxi zum nahen Spreewald!! Wir nutzten die Zeit am verlassenen Biwakplatz in Märkisch Buchholz andersweitig.
In allen Jahren hatten wir nie ein Schiff, dessen Anzeige den absoluten Wert der Gewässertiefe auswies, immer waren es die Zentimeter ab Unterkante Kiel. Ob Achterwasser, Saaler Bodden oder Ruppiner Kanal: Da standen in der Vergangenheit schon sehr kleine Zahlen. Das Rumstochern mit dem Bootshaken bestätigte die Vermutung: Kopfrechnen ist gefragt. Bei 1m Tiefgang der Linssen bekommt man das auch ohne Taschenrechner hin. Erstaunlich eigentlich nur, dass bei dem verringerten Pegelstand die flachste registrierte Fahrwassertiefe während des gesamten Törns bei 170 cm lag. Also nichts da im minimalen Zentimeterbereich. Die Literatur hatte andere Werte suggeriert.
Der dritte Tag führte uns zurück nach Prieros und von dort in die Teupitzer Gewässer. Eine wundervolle Aneinanderreihung von Seen, zweimal verbunden durch mehr oder weniger enge Kanäle, wo sich auch die einzige Engstelle mit sommerlichem „Kniffelpotential“ befindet: Die Klappbrücke über den Moddergraben, im Herbst nur zweistündlich hochgeklappt. Offensichtlich wohnen im „Amt Schenkenland“ nur freundlich-entspannte Menschen, festgemacht an Schleusenwärtern und Kapitänen der Fahrgastschifffahrt. Angesichts der zahllosen, längs an den Ufern vertäuten Privatboote könnte an Sommerwochenenden Chaos vorherrschen. Löblich, wenn Fahrgastschiffe ihre Vorrechte nicht rücksichtslos wahrnehmen. Die Marina in Groß Köris war komplett mit Dauerliegern, also tuckerten wir weiter nach Teupitz. „Bohr’s Brücke“ in unmittelbarer Nähe des Dorfplatzes hatte reichlich Liegelänge für unsere Linssen (keine Liegegebühr, Stromsäule mit Münzeinwurf, Toilette & Dusche: Schlüssel 10 Euro). Rechts vom Steg das Gasthaus Tuptzer mit schön gelegenem Biergarten, allerdings nicht geöffnet. Die einzige gastronomische Lösung findet sich in der Poststraße. Hotel-Restaurant Schenk von Landsberg : Vernünftiges Essen bei moderaten Preisen, die bereits gerühmte Gastfreundlichkeit eingeschlossen. Freunde des „heißen Steins“ kommen hier auf ihre Kosten.
Tag 4 mit frühem Ablegen um 8:50 Uhr, damit das Hochklappen der Zugbrücke um 10:00 Uhr nicht verpasst wurde. Im Übrigen hatten wir uns mit einer Klappbrücke, 3 Schleusen und 53 km viel vorgenommen. Die Teupitzer Gewässer zurück, danach stand der Storkower Kanal an. Bei der Schiffsübernahme waren wir auf die vermutete Chance hingewiesen worden, die Brücke in Philadelphia ohne Persenningabbau passieren zu können. Bereits vor vier Jahren war Philadelphia DIE „schrabbel-das-Toplicht-ab“ Legende!! Kein Mensch redet davon, dass die erste Brücke nach dem Verlassen des Wolziger Sees die gleiche Durchfahrthöhe aufweist!! Wir unterquerten schadlos die Brücke in Wolzig, demzufolge auch Philadelphia, und wer mit einem nur 3,50m breiten Schiff unterwegs ist, muss sich ob der engen Stadtkanäle von Storkow und Wendisch-Rietz auch keine Gedanken machen. Das war vor vier Jahren mit einem 4,50m breiten Schiff bei Gegenverkehr von 3,90m Breite hinter der Klappbrücke Storkow etwas anders. Zu Storkow: Auf dem Hinweg sind Schleuse und Brücke über den blauen Aktivierungshebel in einem Arbeitsgang zu bedienen, auf dem Rückweg sind es derer zwei. Das erklärte Tagesziel Bad Saarow konnte angesteuert werden. Zu unserer Überraschung fanden wir im Hafen Freilichtbühne einen Liegeplatz (Strom & Wasser; Fäkalienentsorgung im Hafen Fontane Park). Im ortsnächsten Hafen eines noblen Kurortes interessiert bei der Bemessung der Liegegebühr selbstverständlich keine Bootslänge. Als Ausgleich wurde im Park Café ambitionierte und bezahlbare Küchenleistung geboten. Dazu am Morgen des 5. Tages ein ausgedehnter Spaziergang durch den gepflegten Ort. Das schicke Bad Saarow, ein wenig schicky ist auch dabei, lohnt die Seeanfahrt in jeder Beziehung!!
Auf der Rückfahrt gönnten wir uns einen Blick auf den nagelneuen Yachthafen von Das Dorsch. Passend dazu die Motoryachten. Das alte Café Dorsch ist Vergangenheit, vermutlich auch abgehängt die vielen Wandfotos mit Signaturen von “Ich-war-auch-hier“. Wir schipperten weiter bis zum Wolziger See. Die Fischerei am Hafen weniger edel, dafür gab es frischesten Fisch. Und sogar bezahlbaren Brataal – sofern man über Aalpreise informiert ist!! Der Tag endete mit einem Festessen.
Da wir uns weiterhin auf der Rückfahrt durch bereits bekannte Gewässer befinden, gibt es keine Neuigkeiten. Tagesziel war Erkner am Dämeritzsee; aber Stadt und Stadtanleger lösten trotz Gelber Welle keine Begeisterungswelle aus. Für eine Weiterfahrt auf der Löcknitz zum Werlsee fand sich keine Mehrheit. Wir verbrachten die Nacht in Neu Venedig auf der Müggelspree am semi-provisorischen Liegeplatz von Neu Helgoland. Auch im Hinblick auf die Gastronomie eine sehr gute Entscheidung.
Der 7. Tag, ein Sonntag mit sommerlichen Temperaturen von 25 Grad auf Berliner Gewässern! Unterschiede zum täglichen hauptstädtischen Straßenverkehr?? Nicht wesentlich. Wer den Oberlauf der Dahme liebt, kann das Gewusel kaum ertragen.
Fazit: Die hochgesteckten Erwartungen an Landschaft, Ruhe und Erholung wurden klar erfüllt. Das gute Wetter am Tage war dabei sehr hilfreich und für drei Decken in den reichlich frischen Nächten geht ein aufrichtiger Dank an 5 Sterne Yachtcharter. Remmidemmi Liebhaber sollten das Fahrgebiet auch zukünftig meiden. Auf dem Wasser bietet die Weltstadt Berlin alles, was deren Herz begehrt; denn Fuchs und Hase sollen sich auch weiterhin gute Nacht sagen können.
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Gez. Albert Goldenstedt
Ganderkesee, den 26.9.2019
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